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Warum ich dir nicht erzählen werde, dass du deinen Körper lieben sollst.

Über Trends und Strömungen in social media kann man ja denken, was man möchte.

Es gab schon welche, die ich gut fand, andere nervig und wieder andere waren mir einfach egal.

Hashtags wie #loveyourself #bodypositivity #selflove #effyourbeautystandards und ähnliche, die sich alle rund um das Akzeptieren, gar Lieben des eigenen Körpers, um die Kritik herrschender Schönheitsstandards und die Selbstliebe drehen, gehören zu denen, die ich durchaus gut finde.

Klar, auch ich denke, wir sollten verdammt nochmal netter zu uns selbst sein. Den milden oder liebevollen Blick, den wir auf unsere Liebsten haben, auch mal auf uns selbst werfen.

Wir sollten uns klar machen, dass eine Mode- oder Kosmetikindustrie in erster Linie von unzufriedenen Menschen profitiert und vor allem mit retuschierten Bildern wirbt, die mit der Realität der meisten(!) nichts zu tun hat. Wir haben Poren, Pigmentflecken, Besenreißer, Narben, unterschiedlich große Brüste, mehr Kilos, dünnes Haar, Pickel, Beinbehaarung und dergleichen mehr. Das haben all jene, die sich uns von Plakatwänden entgegenräkeln ebenfalls, nur die, die diese Bilder bearbeiten, haben eben auch Photoshop und ähnliche Skills, um all das unsichtbar zu machen, anzugleichen, aufzuhellen etc.

Also ja, ich denke, #loveyourself ist ne verdammt gute Sache. Ich finde aber auch, wir können uns alle mal ein bisschen locker machen.

Wenn ich mich bei Instagram umsehe, dann scheint es fast ein Diktat der Selbstliebe zu geben. Den Body nourishen mit Superfoods, in Shape kommen, weil mein Körper mein Tempel ist, genug trinken, um die Haut strahlen zu lassen und weil wir es uns wert sind, den Körper nach Schwangerschaft und Geburt lieben für alles, was er geleistet hat.

Nochmal: ja. Aber ich denke, was da im liebevollen Gewand daher kommt, kann auch ganz schnell mal in die andere Richtung ausschlagen.

Wenn all das zu einem Wettbewerb wird, zu messbarer Leistung, zu auf Hochglanz polierter Darstellung, dann läuft doch was schief.

Und das ist eine Gefahr, die ich durchaus sehe.

Stattdessen möchte ich hiermit sagen: es ist ok, wenn du unzufrieden bist. Ich denke nicht, dass du jede Narbe an deinem Körper lieben musst.

Hier mal meine Geschichte.

Als ich jung war, war nichts mit social media und Smartphone (hier spricht die weise, alte Frau :-) ). Mein Einfluss bestand im Wesentlichen aus den Menschen, die mich direkt umgeben haben.

Und klar, ich habe mitbekommen, dass die Mädels aus meiner Klasse oftmals unzufrieden waren mit dem, wie ihr Körper sich so allmählich entwickelte – „Ich bin zu dick“ war ein Satz, der immer häufiger fiel. Das habe ich wahrgenommen, aber die Ausmaße, wie ich sie nun durch das Internet erlebe, die waren mir nicht klar.

Denn ich selbst war stets zufrieden mit meinem Körper. Ich war überrascht über die Verwunderung meines Freundes darüber, dass ich mich locker und entspannt nackt vor ihm bewegt habe. Habe mich gefragt, warum mein guter Appetit beim Essen ihn anfangs irritiert hat. Durch ihn, seine Schilderungen über andere Frauen und deren Umgang mit Nacktheit, Sexualität und Essen und das Einziehen von social media in mein Leben, habe ich erfahren, wie ungewöhnlich meine Sicht, meine Akzeptanz und mein Wohlwollen meinem Körper gegenüber offenbar ist.

Seitdem habe ich mich mehr als einmal gefragt – was ist anders gelaufen bei mir? Woher kommt das? Und ich bin bisher nicht darauf gekommen. Ich weiß, Gewicht oder Maßregelung beim Essen spielten in meinem Elternhaus keine für mich wahrnehmbare Rolle, aber ob es das schon war? Ich weiß es nicht.

Für mich ist das so:

Ich habe eine gewisse Ästhetik, Dinge, die mein Auge pleasen – reine Optik, die mir zusagt.

Das bezieht sich auf alles, was ich mit meinem Augen wahrnehmen kann und was sich an dieser Oberfläche der Ästhetik bewegt. Eine gewisse Architektur, ein Modestil, bestimmte Farben, eine Art der Einrichtung, bestimmte Körpermaße, Frisuren, Kunst, Anrichtung von Speisen – all das gibt es jeweils in der Ausführung „jo, genau mein Ding“ und „nicht so meins“. Und: DABEI GEHT ES NUR UM DIE ÄSTHETIK. Zum Beispiel entspricht der Einrichtungsstil meiner Mutter nicht meiner Ästhetik, ich bin anders eingerichtet. Das heißt weder, dass ich den Einrichtungsstil meiner Mutter nicht mag, noch dass ich ihn irgendwie falsch finden würde oder mich bei ihr zu hause nicht wohl fühlen würde.

Mein Freund kocht die weltbesten Spaghetti mit Tomatensauce – ich liebe dieses Essen, mein absolutes Soulfood. Da werden die Nudeln auf den Teller gehauen und ne ordentliche Kelle Sauce drüber geschüttet. Schön, im Sinne einer gewissen Ästhetik, ist das nicht. Ich kann wertfrei bemerken „schön“ ist das nicht, mich gleichzeitig unheimlich über dieses Essen freuen, wertschätzen, dass mein Freund es mir gekocht hat und dann mit größtem Genuss reinhauen.

Und so ist es mit Körpern.

Manches spricht mein Auge mehr an als anderes, sowohl an meinem Körper als auch an anderen.

So gab es an meinem Körper immer Bereiche, die ich schön fand und andere, die ich weniger explizit schön fand und dennoch mochte ich meinen Körper immer.

Die Teile (Pickel, Dehnungsstreifen, meine große Nase), die ich nicht explizit schön fand, die ich nie angeguckt habe und gedacht habe: geil! Toll, dass das so aussieht, die waren auch nie mehr als das. Halt eben Erscheinungsformen, die ich nicht gefeiert habe, aber sie haben mir auch nie Anlass zu Frust gegeben. Sie sind nicht falsch, nur weil sie meiner Ästhetik nicht entsprechen. Denn, die Ästhetik meines Körper ist nur ein Teil von dem, was ihn ausmacht.

Ich finde meinen Körper in seiner Ästhetik immer noch verdammt ok, aber das wirklich Geniale an ihm, das, was ich ihm wirklich hoch anrechne, ist, was er so alles rockt.

Laufen, atmen, Babys machen und noch so viel mehr crazy shit.

Absolut genial.

Was ich sagen will...wenn du deinen Körper lieben kannst, dann liebe ihn. Wenn du darüber hinaus dich selbst lieben kannst, dann liebe dich. Wenn dich etwas an deinem Körper stört, so what? – dann findest du da halt etwas nicht so geil, darfst du auch.

Ich weiß, das alles ist sehr viel komplexer, aber probier doch da anzufangen:

Lass dir weder von einer Industrie vorschreiben, wie du auszusehen hast, noch von einer vermeintlichen Gegenbewegung, wie du was zu bewerten hast. Vielleicht kannst du das, was du als Makel ansiehst, ja sogar verändern, wenn du das möchtest. Oder du lässt alles, wie es ist. So oder so – mach dich locker! Dein Körper ist ein Teil des Ganzen, lass diesen einen Teil nicht den Wert des Ganzen bestimmen, ganz egal wie du ihn bewertest.

Und zum Abschluss noch eine Sache – gern und viel propagiert sehe ich auch Aufforderungen wie: es sollte dir egal sein, was andere von dir denken, mach dich frei von den Bewertungen anderer usw. Auch hier: Ja! Und auch: Aber!

Schnapp dir doch mal einen Menschen, der dir nah ist, dem du vertraust, dessen Meinung du schätzt und lass dir von diesem Menschen erzählen, was alles toll an dir ist, was du besser als andere kannst und wie wunderschön du bist. Lass dir das einmal, zweimal, hundertmal sagen.

Und vielleicht sickert es langsam durch: können diese, dir so lieben Menschen, so sehr irren?

Dreimal ein Meter und zurück...

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